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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Vorweihnachtlicher Stimmungsaufbau



Hoschi
05.12.2016, 19:59
Es geht so langsam los:

Vorweihnachtlicher Stimmungsaufbau:



10:00 Uhr



In der Reihenhaussiedlung Onkelstieg lässt die Rentnerin Erna B. durch ihren Enkel drei Elektrokerzen auf der Fensterbank ihres Wohnzimmers installieren. Vorweihnachtliche Stimmung breitet sich aus, die Freude ist groß.



10:14 Uhr



Beim Entleeren des Mülleimers beobachtet Nachbar Ottfried P. die provokante Weihnachtsoffensive im Nachbarhaus und kontert umgehend mit der Aufstellung des 10-armigen dänischen Kerzensets zu je 15 Watt im Küchenfenster. Stunden später erstrahlt die gesamte Siedlung Onkelstieg im besinnlichen Glanz von 134 elektrischen Fensterdekorationen.



19:03 Uhr



Im 14 km entfernten Kohlekraftwerk Sottrop-Hoecklage registriert der wachhabende Ingenieur irrtümlich den Defekt der Strommessgeräte für den Bereich Stenkelfeld, ist aber zunächst noch arglos.



20:17 Uhr



Den Eheleuten Horst und Heidi I. gelingt der Anschluss einer Kettenschaltung von 96 Halogen-Filmleuchten durch sämtliche Bäume ihres Obstgartens an das Drehstromnetz. Teile der heimischen Vogelwelt beginnen verwirrt mit dem Nestbau.



20:56 Uhr



Der Diskothekenbesitzer Alfons K. sieht sich genötigt, seinerseits seinen Teil zur vorweihnachtlichen Stimmung beizutragen und montiert auf dem Flachdach seines Bungalows das Laserensemble Metropolis, das zu den leistungsstärksten Europas zählt. Die 40 m hohe Fassade eines angrenzenden Getreidesilos hält dem Dauerfeuer der Nikolausprojektion mehrere Minuten stand, bevor sie mit einem häßlichen Geräusch zerbröckelt.



21:30 Uhr



Im Trubel der Weihnachtsfeier im Kohlekraftwerk Sottrop-Hoecklage verhallt das Alarmsignal aus Generatorhalle 5.



21:50 Uhr



Der 85-jaehrige Kriegsveteran August R. zaubert mit 90 Flakscheinwerfern des Typs Varta Volkssturm den Stern von Bethlehem an die tiefhängende Wolkendecke.



22:12 Uhr



Eine Gruppe asiatischer Geschäftsleute mit leichtem Gepäck und sommerlicher Bekleidung irrt verängstigt durch die Siedlung Onkelstieg. Zuvor war eine Boeing 747 der Singapur Airlines mit dem Ziel Sydney versehentlich in der

mit 3000 bunten Neonröhren gepflasterten Garagenauffahrt der Bäckerei Brörmeier gelandet.



22:37 Uhr



Die NASA-Raumsonde Voyager 7 funkt vom Rande des Sonnensystems Bilder einer angeblichen Supernova auf der nördlichen Erdhalbkugel. Die Experten in Houston sind ratlos.



22:50 Uhr



Ein leichtes Beben erschüttert die Umgebung des Kohlekraftwerks Sottrop-Hoecklage. Der gesamte Komplex mit seinen 30 Turbinen läuft mit 350 Megawatt brüllend jenseits der Belastungsgrenze.



23:06 Uhr



In der taghell erleuchteten Siedlung Onkelstieg erwacht die Studentin Bettina U. und freut sich irrtümlich über den sonnigen Dezembermorgen.

Um genau 23:12 Uhr betätigt sie den Schalter ihrer Kaffeemaschine.



23:12 und 1 Sekunde



In die plötzliche Dunkelheit des gesamten Landkreises Stenkelfeld bricht die Explosion des Kohlekraftwerks Sottrop-Hoecklage wie Donnerhall. Durch die stockfinsteren Ortschaften irren verstörte Menschen.



Menschen wie Du und ich, denen eine Kerze auf dem Adventskranz nicht genug war!

pahld
05.12.2016, 20:16
Geil.. Weihnachten in Stenkelfeld:grin:

LokiBerlin
05.12.2016, 21:15
schön jelacht, mal wat ausem leben............höher breiter schneller.......... die deutsche gesellschaft wie se leibt und lebt.....

Baba
06.12.2016, 08:52
Ja und da gibts noch mehr von Stenkelfeld ist einfach Klasse :IMG0:

Hodl
06.12.2016, 11:39
Schönen Nikolausi :embarassed:

21378

Nuphi
06.12.2016, 15:21
Das fängt ja schon immer vieeeel früher im Jahr an...

Montag, 7. Oktober
Schönster Altweibersommer. Noch einmal tummeln sich Menschen in T-Shirt und Sandalen in den Straßencafes und Biergärten. Bisher keine besonderen Vorkommnisse in der Innenstadt. Dann plötzlich um 10.47 Uhr kommt der Befehl von Aldi-Geschäftsführer Erich B.: "5 Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich." Von nun an überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst reagiert SK-Geschäftsführer Martin O. eher halbherzig mit einem erweiterten Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an der Kasse.

15:07 Uhr
Edeka-Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt und operiert nunmehr mit Lametta und Tannengrün in der Wurstauslage.

16:02 Uhr
Die Filialen von Penny und Ihrkauf bekommen Kenntnis von der Offensive, können aber auf Grund von Lieferschwierigkeiten nicht gegenhalten und fordern ein Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum 10. Oktober. Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.

Dienstag, 8. Oktober, 7:30 Uhr
Im Eingangsbereich von Karstadt bezieht überraschend ein Esel mit Rentierschlitten Stellung, während 2 Weihnachtsmänner vom studentischen Nikolausdienst vorbeihastende Schulkinder zu ihren Weihnachstwünschen verhören. Zeitgleich erstrahlt die Kaufhausfassade im gleißenden Schein von 260000 Elektrokerzen. Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur ohnmächtig zuschaun, immerhin haben jetzt auch Spar, Coop und SK den Ernst der Lage erkannt.

Mittwoch, 9. Oktober, 9:00 Uhr
Edeka setzt Krippenfiguren ins Gemüse.

9:12 Uhr
SK kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im Tiefkühlregal.

10:05 Uhr
Bei Ihrkauf verirren sich dutzende von Kunden in einem Wald von Weihnachtsbäumen.

12:00 Uhr
Neue Dienstanweisung bei Coop. An der Käsetheke wird mit sofortiger Wirkung ein 'Frohes Fest' gewünscht. Der Spar-Markt kündigt für den Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen an.
Donnerstag, 10. Oktober, 7:00 Uhr
Karstadt schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.

8:00 Uhr
In einer eilig einberufenen Krisenversammlung fordert der aufgebrachte Penny-Geschäftsführer Walter T. von seinen Mitarbeitern lautstark: "Weihnachten bis zum Äußersten" und verfügt den pausenlosen Einsatz der von der Konkurrenz gefürchteten CD 'Weihnachten mit Mireille Matthieu' über Deckenlautsprecher. Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.

Freitag, 11. Oktober, 8:00 Uhr
Anwohner der Ladenstraße versuchen mit Hilfe einer einsweiligen Verfügung, die nun auch vom Spar-Markt angedrohte Musikoffensive 'Heilig Abend mit den Flippers' zu stoppen.

9:14 Uhr
Ein Aldi-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den Posaunenchor 'Adveniat', der gerade vor Karstadt zum großen Weihnachtsovatorium ansetzen wollte.

9:30 Uhr
Aldi dementiert. Es habe sich bei der Ladung nicht um Pfeffernüsse, sondern um Christbaumkugeln gehandelt.

Sonnabend, 12. Oktober
Die Fronten verhärten sich. Die Strategien werden zunehmend aggressiver.

10:37 Uhr
Auf einem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna K. und gibt zu Protokoll, sie sei soeben auf dem Coop-Parkplatz zum Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen worden. Die Beamten sind ratlos.

12:00 Uhr
Seit gut einer halben Stunde beschießen Karstadt, Edeka und Coop die Fußgängerzone mit Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt die Räum- und Streupflicht an. Umsonst.

14:30 Uhr
Teile der Innenstadt sind unpassierbar. Eine Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes beginnt mit der Bergung von Eingeschlossenen.

Menschen wie du und ich, die nur mal in der schönen Herbstsonne bummeln wollten.

Piefke
06.12.2016, 15:30
Nuphi im Oktober fängt das an??? nööööö das geht schon mitte September los.
Ich find das unmöglich:a030::nonono:

Nuphi
06.12.2016, 15:41
Genaugenommen fängt das schon nach Ostern an. Kaum ist Ostern rum, werden die Schokohasen eingeschmolzen oder umetikettiert. Genau wie der Glühwein auf wundersame Weise nach Ostern zu Sangria wird (das Zeug aus Flaschen beim Discounter schmeckt sowas von gleich schlecht, das KANN einfach keine andere Ursache haben...), und spätestens im September dann wieder zu Glühwein...

Der einsame Reiter
06.12.2016, 15:43
Weihnachten im Autohaus Oertel


Dienstag, 14. Dezember, 19:56 - In der festlich geschmückten Werkstatthalle des Autohauses "Oertel" im Gewerbegebiet Stenkelfeld treffen die ersten Belegschaftsmitglieder zur Weihnachtsfeier ein.


20:16 - Nach einem Tusch der Zweimannkapelle "Die Avocados" aus Foxtrup vergisst Seniorchef Heinrich Oertel in seiner unbeholfenen Begrüßungsansprache die obligatorischen Dankesworte an den Festausschuss - ein Fehler, der sich noch rächen soll.


20:30 - Werkstattleiter Düwelskirchen entfacht unter den Angestellten eine latente Angriffsbereitschaft gegen den Partyservice Westerkamp. Ein halbherziger Schlichtungsversuch der Seniorchefin Marie Oertel, mit dem Hinweis, die gereichte Rinderkraftbrühe sei immerhin schön heiß, stößt ins Leere. Die hämischen Nörgeleien am Essen nehmen zu.


21:03 - Die Avocados drohen erstmals mit dem Abbruch ihres Auftritts, nachdem sich Altgeselle Horst B, beflügelt durch den hastigen Genuss von 11 Gläsern Glühwein, mit einem herumliegenden Bolzenschneider an den Lautsprecherkabeln der Gesangsanlage zu schaffen machte. Zuvor war sein Musikwunsch "Alte Kameraden" von der Kapelle mit einem hämische Grinsen ignoriert worden.


21:58 - Bürolehrling Kerstin B. verrichtet mit hochrotem Kopf ihre Notdurft auf dem Rücksitz eines Kundenfahrzeugs. Der Grund: Seit 21:00 Uhr ist die einzige Damentoilette der Firma besetzt. Seitdem fehlen auch - wie jetzt auffällt - der smarte Juniorchef Peter Oertel und eine junge Angestellte aus der Reparaturannahme.


23:14 - Lagerist Walter K. aus der Ersatzteilausgabe erörtert am Telefon mit seinem Anwalt die Chancen einer Verleumdungsklage gegen den Urheber des ihm gewidmeten Julklappgedichtes mit der Textzeile "Am Teiletresen, Mittelschicht, steht hier das dümmste Sackgesicht".
Zeitgleich ermittelt Seniorchef Heinrich Oertel hasserfüllt den Absender eines ihm zugedachten Geschenkkartons mit ca. 4 Pfund gefrorenem Hundekot. Die Veranstaltung droht zu kippen.


00:41 - Eine Gruppe von Kfz-Lehrlingen bedroht den Organisten der Avocados, Knut R., mit einem 24er Maulschlüssel, weil die zuvor erzwungene Darbietung eines ACDC-Titels viel Wünsche offen ließ. Minuten später zerfetzt die Kurbelwelle eines Mercedes-Transporters das neuwertige Instrument von Avocado-Schlagzeuger Sascha P: Fortan kommt die Musik vom Plattenspieler.


01:07 - Während der völlig betrunkene Juniorchef unter dem Gejohle der Verkaufsabteilung das Spitzenhöschen der jungen Angestellten aus der Reparaturannahme vor der nun frei gewordenen Damentoilette amerikanisch versteigert, gerät ein altes Innungskunststück mit 2 Schneidbrennern und einer alten Bremsleitung, vorgeführt von Werkstattleiter Düwelskirchen, außer Kontrolle. Die Explosion des Tanklagers ist bis ins Stadtzentrum zu hören.


01:35 - Die Bergungs- und Löscharbeiten im Autohaus Oertel kommen wegen Personalmangels nur mühsam voran. Große Teile der Rettungsmannschaften sind bereits auf Weihnachtsfeiern in umliegenden Ortschaften im Einsatz.


03:00 - Schließlich gelingt es einer Hubschrauberbesatzng des THW, durch das Dach der Werkstatthalle den Altgesellen Horst B. aufzunehmen, der bis zuletzt mit einem abgebrochenen Scheibenwischer am Plattenspieler "Alte Kameraden" dirigierte.


05:28 - Das Gewerbegebiet Stenkelfeld ist nicht mehr. Die rauchenden Trümmer des Autohauses "Oertel" sowie des benachbarten Getreidehandel sind stumme Zeugen eines festlichen Beisammenseins von Menschen, Menschen wie du und ich, die nur mal im Kollegenkreise weihnachtlich feiern wollten.

Leandra
06.12.2016, 15:55
OH MEIN GOTT! :shocked: Damit kann man jede Weihnachtsfeier aufmischen! :smilie_happy_251:

:smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251:

Hoschi
06.12.2016, 17:23
Oh Gott, was hab ich bloss getan:grin:

pahld
07.12.2016, 07:30
Jetzt auch einer von mir:


Daran erkennen Sie, dass Sie vor Weihnachten zu viel Stress im Büro hatten
* Am Weihnachtsbaum hängen bemalte Ostereier
* Alles ist wie immer: Sie sitzen mit einer Pizza vor dem Fernseher - aber das Handy spielt "Jingle Bells"
* Ihr Lametta stammt aus dem Aktenvernichter
* Sie stellen den Glühwein in die Mikrowelle und geben Ihren Büro-Zugangscode ein
* Sie packen Geschenke nicht ein, sondern kleben sie mit Post-its zu
* Wenn Mutti abends anruft, melden Sie sich mit dem Firmennamen und fragen: "Was kann ich für Sie tun?"
* Sie drücken zuhause die "0", um beim Telefonieren rauszukommen
* Wenn beim "Kleinen Lord" der TV-Empfang ausfällt, suchen Sie auf der Fernbedienung "STRG", "ALT", "ENTF"
* Für Weihnachtskarten müssen Sie den Namen Ihrer Eltern googeln
* Sie kriegen beim Auspacken einen Heulkrampf, weil Sie sich nicht mehr an das Passwort erinnern
* Sie singen "Stilles Fax, heiliges Fax"
* Sie fragen den Pfarrer, warum er bei seiner Kirche den Klingelton nicht auf Vibration schaltet
* Sie nutzen die Krippe für den Postausgang
* Sie haben beim Lesen der Liste ständig genickt
* Sie überlegen sich, wem Sie diese Liste per E-Mail weiterleiten können.

Baba
07.12.2016, 08:49
Oh Gott, was hab ich bloss getan:grin:

Du bist Schuld :tongue::aetsch:

Der einsame Reiter
12.12.2016, 17:04
14:57 – Pflegeazubi Justin T. (19) kommt gerade noch rechtzeitig zum Schichtwechsel im Seniorenstift Friedensruh. Der letzte Abend in der Großraumdiskothek hat unschöne Spuren im Gesicht des jungen Mannes hinterlassen. Hektisch drängelt er sich an seinen Kollegen vorbei in den Aufzug, um in den dritten Stock zu kommen.

15:03 – Stationsschwester Maria L. (59) bemerkt die Verspätung ihres Lehrlings, lässt sich aber nichts anmerken. Sie vertieft sich in die Vorbereitung des Abendessens. Zur Feier des Tages bekommt jede der geviertelten Toastbrotscheiben mit Diätmargarine und Jagdwurststreifen einen Klecks Tubenremoulade. Ihr ist ganz weihnachtlich ums Herz.

15:14 – Langsam, aber aufrecht hangelt sich Adolf G. (97) an den Handläufen über den Flur bis zum Küchenblock. Der Reserveoffizier besteht wie jeden Nachmittag auf seine Tasse Ersatzkaffee aus reichsdeutscher Produktion und droht der Belegschaft mit dem Kriegsgericht, falls sie seinen Nachbarn Günther S. (93) aus dem Zimmer lässt. Ein schmerzhafter Bluterguss im rechten Knie erinnert G. daran, wie S. ihm erst neulich mit dem Griff seiner Gehhilfe die Beine weggerissen hatte.

15:23 – Mit einem großen Pappkarton aus der Materialkammer kommt Schwester Karin O. (29) in den dritten Stock. Zur heute anstehenden Weihnachtsfeier im Seniorenstift hat sie die Aufgabe der Festdekoration übernommen.

15:29 – Unter den kritischen Blicken von Edelgard M. (89) installiert Schwester Karin die adventliche Dekoration: einen ungelenk aus orangerotem Filz ausgestanzten Stern von Bethlehem sowie den batteriebetriebenen, blinkenden und prinzipiell auch rotationsfähigen Weihnachtsmann taiwanesischer Provenienz, der jedoch nicht mehr blinkt, dafür aber auch nicht mehr rotiert. Die Feststimmung bleibt überschaubar.

15:42 – Zwischen Günther S. und Adolf G. entbrennt ein heftiger Streit. Während S. im gemeinschaftlich genutzten Fernsehapparat die Wiederholung der Wiederholung der letztjährigen Superparade der Volksmusikschlager verfolgen will, besteht G. auf die Dokumentation Hitler und die Reichsflugscheibe. Die Stationsschwester beruhigt beide mit einem Schnapsgläschen voll Stärkungstonikum, das sie für gewöhnlich auch als Hustensaft verabreicht.

15:50 – Gerda K. (88) und Wilhelmine B. (91) lauschen ergriffen den Kindheitserinnerungen von Karoline V. (92). Ein Großteil der Unterhaltung besteht daraus, dass die Damen sich gegenseitig alle paar Minuten vorstellen.

16:02 – Beschwingt rollt Stationspfleger Christian W. (39) den Teewagen voller Butterkuchen und Obstteilchen durch den Flur. Kollegin Karin verspricht, nur noch eben die Papierservietten für den Abendbrotstisch aus der Wäschekammer zu holen, dann wollen sie gemeinsam zur Adventsfeier des Personals. Die Toastbrot-Wurst-Remoulade-Ecken nehmen derweil unter dem Schwitzwasser einen leicht öligen Glanz an.

16:07 – Angesichts des Kuchens beschließt Adolf G., das Abendessen ausfallen zu lassen. Lautlos wartet er ab, bis sich die beiden Pfleger in die Kammer verdrückt haben. Er klemmt eine achtlos herumliegende Gehhilfe unter die Türklinke und konfisziert das Feingebäck.

16:10 – Nichts ahnend beginnt Schwester Maria, die Bowle in einem größeren Glashafen anzusetzen: trockener Rosé, Diabetikerschaumwein und diverse Konservendosen Cocktailobst vom letzten Sommerfest finden in dem Gefäß zusammen. Just in diesem Augenblick betritt Heimleiter Ernst H. (54) das Stockwerk. Er vermisst den Kuchen.

16:16 – Edelgard M. nutzt die Abwesenheit des Personals, um endlich den bisher ausgefallenen Nachmittagskaffee nachholen zu können. Sie füllt gemahlenen Kaffee aus der roten Blechdose in der Einkaufstasche der Stationsschwester in den Brühautomaten.

16:24 – Günther S. schmeckt den Bowlenansatz ab. Die zufällig auf dem Küchentisch stehende Flasche Stärkungstonikum erweist sich als würzende Zutat; S. leert sie komplett aus. Das Mittel besteht aus Zuckercouleur und 80%-igem Alkohol.

16:28 – Die drei alzheimernden Damen werden von heftigem Unwohlsein geplagt, das sie auf den Kaffee schieben. Sie beschließen daher, noch mehr Kaffee zu trinken. Niemand hat bisher bemerkt, dass die an entkoffeinierte Ware gewöhnten Senioren gerade Ristretto zu sich nehmen.

16:40 – Der bettlägerigen Else J. (95) fällt das fortgesetzte Klopfen auf. Sie dreht das Radio lauter. Die Stationsschwester und ihr Kollege können durch die verschlossene Tür der Wäschekammer deutlich das Operettenprogramm hören.

16:52 – Pflegehelfer Justin bemerkt kaum einen Unterschied, als er die inzwischen verseifenden Jagdwurstobjekte auf die Teller verteilt. Unbemerkt geht Günther S. den ganzen Flur entlang bis in den Westflügel. Im offen stehenden Fahrstuhl bemerkt er T.s Rucksack. Er unterzieht ihn einer genauen Inspektion.

17:06 – Konvulsivisch zuckend hangelt sich der Offizier an den Türen entlang. Nach und nach holt er die gesamte Belegschaft aus den Zimmern. Die gelben Tabletten mit den lachenden Gesichtern in der Bowle entfalten ihre Wirkung recht schnell.

17:12 – Justin T. hatte nicht damit gerechnet, dass eine Gehhilfe sich derart brutal anfühlt. Benommen liegt er im Schwesternzimmer. Die Fesseln um seine Handgelenke sind stabiler als erwartet.

17:20 – Die Wurstreste auf Brot sind rasch entsorgt. Wilhelmine B. übernimmt die Kuchenverteilung. Das improvisierte Büfett wird abgerundet durch die Vorräte aus dem Kühlschrank: Lachsersatz, saure Gurken und rosa Champagner für die Personalfeier.

17:24 – Karoline V. ist zurück aus der Sitzgruppe. Im Drahtkorb ihres Rollators befindet sich die Fernbedienung des TV-Gerätes. Auf Vorschlag von Johannes E. (101) schaltet V. wieder ins öffentlich-rechtliche Programm, da die musikalischen Darbietungen auf jenen Sendern am ehesten den ästhetischen Bedürfnissen ihrer Altersgruppe entsprechen.

17:27 – Zu den heißen Rhythmen der Stimmungssängerin Antonella (bürgerlich Heike Gnirbzsch) veranstalten Christa B. (87) und Ludwig R. (94) eine Gehwagen-Polonaise, der sich rasch die motorisch besser Gestellten anschließen. Die Bowle erfreut sich großer Beliebtheit.

17:48 – Der Heimleiter stutzt; normalerweise sind die Insassen um diese Uhrzeit längst in die Betten gelegt worden. Heftige Schritte lassen das dritte Stockwerk vibrieren. Durch die Betondecke sind deutlich Schlager wie Zeig mir den Vollmond der Liebe, Heinz-Eduard und Ich fand mein großes Glück auf der Rheumadecke zu vernehmen. Ernst H. reagiert umgehend. Er macht mehr als zehn Minuten früher Schluss und verlässt das Haus fluchtartig.

18:05 – Die Stimmung ist erhitzt. Viele Bewohner des Seniorenstifts drücken ihr Bedürfnis nach grobmotorischer Aktivität aus. Günther S. verteilt die zweite Hälfte der lustigen Pillen.

18:09 – Der unbeholfene Charleston-Versuch von Gustav N. (96) führt zur Kollision mit dem Taiwan-Weihnachtsmann. Das Gerät fängt spontan an zu blinken und rotiert, dass es seine Art hat. Die Festgemeinde bejubelt den Wundertäter gebührend und zwingt ihn, einen Lehnsessel zu erklimmen, um die Ovationen entgegenzunehmen.

18:24 – Plötzlich verfinstert sich der Horizont. Viel zu spät, aber nichtsdestoweniger überraschend steht Pfarrer Karsten P. (38) unter den Feiernden. Die Anstaltsleitung hatte den Geistlichen gebucht, um auf der Weihnachtsfeier salbungsvolle Worte zu verströmen, er war jedoch überraschend zu einem seiner regelmäßigen Besuche im Club Amore mio im Gewerbegebiet gerufen worden.

18:25 – Der Pfarrer unternimmt Anstalten, die Weihnachtsfeier aufzulösen. Adolf G. entsinnt sich, wie er als junger Wehrmachtsangehöriger Panzer der Roten Armee mit einem Fahrtenmesser geknackt hatte. Die Bettpfanne hinterlässt leichte Druckstellen in P.s Gesicht. Gerda K. und Karl O. (89) schleifen den Leblosen auf den Balkon.

18:32 – Das MDMA entfaltet seine volle Wirkung. Tanzveteran Günther S. legt zu Überdruck in Delitzsch ein begeisterndes Solo aufs Parkett. Seine Bandscheiben quittieren den Dienst.

18:38 – Jetzt fühlt Adolf G. seine Stunde als gekommen. Völlig enthemmt von der psychotropen Substanz schleppt er Wilhelmine B. mit auf sein Zimmer. Es ist eine beeindruckende Vorstellung, wie er im stampfenden Takt zu We Will Rock You – Johannes E. spielt gerade mit der Fernbedienung und hat die Senderwahl entdeckt – den Korridor entlanghumpelt.

18:45 – Auch bei Ludwig R. schlagen die Pillen an. Er vollführt mit dem inzwischen leergeräumten Teewagen etwas, das entfernt an Parterreakrobatik gemahnt. Das einseitig belastete Gerät nimmt erheblich Schlagseite an, als R. sich breitbeinig mit einem Stück Zupfkuchen in der ausgestreckten Rechten auf das Tablett stellt und die Freiheitsstatue nachturnt. Etwas unelegant im Abgang gestaltet sich der eingesprungene Anderthalbfachsalto, der R. auf die Auslegeware zurückführt.

18:50 – Der Gottesmann hat in der winterlichen Kälte das Bewusstsein wiedererlangt und versucht, an der Regenrinne nach unten zu klettern. Der jäh aus dem Innern des Hauses brüllende Fernseher – Johannes E. hat gerade den Volume-Kippschalter entdeckt – lässt ihn den festen Halt verlieren. Ungebremst stürzt Pfarrer P. in den Abgrund. Glücklicherweise landet er gleich auf dem Dach des in der Einfahrt geparkten Kombis. Der Fahrer Egon D. (48) und sein Mitarbeiter Jörg B. (44) haben in dieser Jahreszeit viel zu tun, das Bestattungsinstitut Pietät Eichenlaub kommt mehrmals in der Woche.

19:09 – Unter dem Einfluss der Hustensaft-Bowle wird Gustav N. kicherig. Er entwendet zwei Damen die Kauprothesen und führt unter den anfeuernden Rufen der sichtlich beschwingten Senioren einen Fandango auf. Das beidhändige Kastagnettensolo besticht durch sein wohldosiertes Rubato.

19:23 – Johannes E. stülpt sich die Perücke von Edelgard M. über. Seine Margot-Honecker-Parodie findet nur mäßigen Anklang. Als er sich entschließt, ein Weihnachtslieder-Medley vorzutragen, wird ihm vorübergehend Gehör zuteil, das jedoch spätestens mit dem recht unschön intonierten Es ist ein Russ’ entsprungen endet. E. ist untröstlich.

19:24 – Zeitgleich ist ein Stockwerk unterhalb der Weihnachtsfeier das Ehepaar Luise und Josef A. (beide 55) verärgert über die Lärmentwicklung. Ihren jährlichen Pflichtbesuch bei ihrer Mutter Emmi R. (98) vergällt das fortgesetzte Getrampel der beiden Pflegeangestellten, die seit nunmehr drei Stunden von der Außenwelt abgeschnitten in der Wäschekammer hocken. Josef A. beschließt, die Polizei zu informieren.

19:31 – Nur wenige Minuten später trifft eine Mannschaft der Schutzpolizei ein und sichert die Räume. Mit einer gezielten Kugel in die Bildröhre des Fernsehgerätes sorgt Hauptwachmeister Otto L. (52) für Ruhe. Der noch unsichere Polizeischüler Maik D. (22) gleitet auf einem Stück Lachsersatz aus; versehentlich löst sich ein Schuss, der als Querschläger durch den Aufenthaltsbereich jagt und dem sich unbeirrt drehenden Weihnachtsmann die Spitze der Zipfelmütze abschlägt. Gerda K. gibt zu Protokoll, sie werde sich für die Sachbeschädigung beim Führer höchstpersönlich beschweren. Die Stimmung droht zu kippen.

19:36 – Völlig aufgelöst torkelt Justin T. in den Raum. Beim Anblick seines Rucksacks mit der nunmehr leeren Kunststoffdose verliert der Azubi die Beherrschung. Eine Monatsration weg. Er erstattet sofort Strafanzeige wegen Diebstahls.

19:40 – Polizeiobermeister Fritz I. (39) durchsucht die Küche nach verwertbarem Beweismaterial. Die grünlich schimmernden Stückchen mit hartem Grund und fettiger Oberseite erwecken seinen Argwohn. Er tütet eins der Objekte ein und informiert den Seuchenschutz.

19:44 – Versehentlich hatte POM Fritz I. den leichtgängigen Hebel für die Herdplatte berührt. Die achtlos abgestellte Bowlenschüssel beginnt sich gefährlich schnell zu erwärmen; da das Tonikum ob seiner spezifischen Wichte sich am Boden abgesetzt hatte, sickert es durch den ersten Haarriss quasi unverdünnt auf die glühend heiße Platte. Sekunden später schießt eine Stichflamme empor und verwandelt den Küchenblock in ein Inferno. Johannes E., Christa B. und Edelgard M. halten einander ergriffen an den Händen und singen mit leuchtenden Augen vor dem hellen Widerschein: „Am Weihnachtsbaume die Lichter brennen.“

20:53 – Einsatzleiter Siegfried K. verkündet das Erlöschen der letzten Brandnester. Der vom Löschwasser verursachte Schaden im Gebäude wird auf ungefähr 450.000 Euro geschätzt. 87 Einwohner des Seniorenstifts Friedensruh stehen, teilweise durchnässt sowie in Unterwäsche, auf dem Parkplatz vor dem Gebäude. Stationspfleger Christian W. gilt als vermisst, ebenso Schwester Karin. Die Ermittlungen gegen Stationsschwester Maria L. werden an das Bundesinstitut für Risikobewertung weitergegeben, das seit langem einen Zusammenhang zwischen Tubenremoulade und antibiotikaresistenten Virenstämmen erforscht. So endet der Abend in einem Seniorenstift, dessen Bewohner in der Adventszeit einfach nur ein paar besinnliche Stunden verleben wollten.


Quelle: https://zynaesthesie.wordpress.com/2011/12/05/stille-nacht/

Hoschi
12.12.2016, 17:51
:grin:Da hab ich ja was losgetreten!
Aber hört bitte nicht auf, ich finde das super:smilie_tanz_009:

der-wirre-Irre
13.12.2016, 02:20
Der einzige Seniorenstift den ich kenne, hängt zwischen meinen Beinen.

Leandra
13.12.2016, 08:23
Der einzige Seniorenstift den ich kenne, hängt zwischen meinen Beinen.

TOM! :weirdo:

Leandra
13.12.2016, 08:24
Ei Gott, Reiter, ich kann jetzt nimmer arbeiten.



:smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251:

Seitenschneider
13.12.2016, 08:40
Wahnsinn! Guuut!:cheesy:
Heinz

Hodl
13.12.2016, 10:59
Hab auch noch einen

Ein schönes Rezept für einen schönen Weihnachtsbraten:


Truthahn in Whisky

Man kaufe einen Truthahn von fünf Kilo (für sechs Personen) und eine gute
Flasche Whisky.
Dazu Salz, Pfeffer, Olivenöl und Speckstreifen.

Truthahn mit Speckstreifen belegen, schnüren, salzen, pfeffern und etwas
Olivenöl dazugeben.
Ofen auf 200°C einstellen. Ein Glas Whisky einschenken und auf gutes
Gelingen trinken.

Den Truthahn auf einem Backblech in den Ofen schieben. Nun schenke man sich
zwei schnelle Gläser Whisky ein und trinke wieder auf gutes Gelingen.

Den Thermostat nach 20 min. auf 250°C stellen, damit es ordentlich brummt.
Danach schenke man sich zwei bis drei weitere Whisky ein.

Nach halm Schdunde öffnen, wenden und den Braten überwachn. Die
Fisskieflasche ergreiff unn sisch eins hinner die Binde kippn. Nach ner
weitern albernen Schunnde langsam bis zzum Ofen hinschlenderen uhd die
Trute rumwenden. Drauf achtn, sisch nitt die Hand zu vabrennn an di
Schaisss-Ohfndür.

Sisch waidere ffünff odda siehm Wixki innen Glas sisch uhn dann unn so wech
haunn. Di Drute weehrent drrai Schunn nt (iss auch egal) waiderbraan un
all sehn Minud n pinkelln.

Wenn irntwi möchlisch, sum Trathuhn hinkrieschn unn den Ohwn aus m Viech
ziehn. Nommal ein Schlugg geneemign un anschliesnt wida fasuchn, das Biest
rauszukriegn. Den fadammt n Vogel vom Bodn auffläsen unn auffer Bladde
hinrichten.

Uffbasse, das nitt Ausrutschn auff m schaissffettichn Kühnbodn.
Wenn sisch droßdem nitt fameidn, fasuhn wida auf
ruschichtnodersohahahahahaisallesjaehhhscheissegaa alll

...............................Ein wenig schlafen.

Am nächsten Tag den Truthahn mit Mayonnaise und Aspirin kalt essen.


Guten Appetit

Leandra
13.12.2016, 11:05
Mussma von Wixki pinkelln?

:smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: :smilie_happy_251: